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Am 10. und 11. August 2001 fand in Marzahn-Hellerdorf die VertreterInnenversammlung der PDS zur Nominierung der KandidatInnen für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 21. Oktober 2001 statt. Außerdem wurde das bezirkliche Wahlprogramm beraten und beschlossen.

Ich habe dort im Rahmen der Kandidaturen für das Abgeordnetenhaus folgende Erklärung abgegeben:

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich habe hier zwei Reden - eine politische und eine sehr persönliche - beide ausgedacht, um Eure Stimmen für meine Kandidatur zur werben. Ich werde weder die ein noch die andere halten.

Statt dessen möchte ich Danke sagen, denn ich werde heute nicht wieder kandidieren.

Ich möchte Danke sagen, denjenigen, die mich vor sieben Jahren als Kandidaten für das Abgeordnetenhaus nach Hellersdorf geholt haben: Dank Jörg Seidel, danke Klaus-Jürgen Dahler, danke Peter Bolle.

Ich möchte Danke sagen, denjenigen, die mir in Hellersdorf eine politische Heimat gegeben und mich in meinem Wahlkreis über diese Zeit begleitet und unterstützt haben: Danke Helmut Haike, Gerhard Kirner, Rodger Reinsch, Gesine Franke, Achim Noack, Reiner Nürnberg, Heiner Niemann und die vielen anderen - und natürlich Danke meiner Basisorganisation 302.

Ich möchte Danke sagen, denjenigen, mit denen ich für die PDS Hellersdorf gekämpft und gestritten habe, als Abgeordneter, als Mitglied, als stellvertretender Vorsitzender und als Vorsitzender der PDS-Hellersdorf: Danke Marina Kastschajewa, danke Sabine Schwarz, Frank Beiersdorf, Peter Hundert - und vor allem auch den jungen Leuten, die heute in 'solid organisiert sind, und die in Hellersdorf immer wie die Hefe im Teig Gärung und Reifeprozesse voran getrieben haben, manchmal auch überschäumend.

Ich konnte die Gastfreundschaft und die vielen sehr angenehmen politischen Erfahrungen nur so erwidern, dass heute viele gar nicht mehr wissen, dass ich eigentlich gar kein Hellersdorfer bin, sondern aus Hohenschönhausen stamme.

Ich danke an dieser Stelle auch meiner Frau und meinen Kindern, die zwar dann und wann gemurrt haben, wenn ich abends nicht zu Hause war oder am Wochenende an Ständen, auf Hauptversammlungen, Parteitagen oder Konferenzen der PDS gearbeitet habe, aber sie haben mich darin immer unterstützt und bestärkt.

Elf Jahre Abgeordneter in Berlin - sozusagen von der ersten Wendestunde an - das ist eine lange Zeit. Und es ist wahr, ich war unsicher, noch einmal zu kandidieren.

  • Da ist zunächst die lange Zeit. Und da möchte ich auch ein Zeichen für andere zu setzen, nicht an seinem Parlamentssessel kleben zu bleiben.

  • Dann war da die ständige - offene und weniger offene - Auseinandersetzung in der eigenen Fraktion für den Erhalt und die Stärkung von Kultur und Wissenschaft zu führen. Das kann auch zermürben. Natürlich gibt es in unserer Fraktion unterschiedliche Politikverständnisse und Politikziele. Aber ich konnte immer weniger dem stürmischen Gestaltungswillen vor allem unserer jüngeren Fraktionäre folgen, die gewissermaßen vom BAFöG zu den Diäten gekommen sind, und deren Reformeifer nicht ganz frei von einem Beglückungsanspruch ist. - Einen Beglückungsanspruch, den ich eigentlich nur von der staatstragenden Partei der DDR und heute von den staatstragenden Parteien dieser Bundesrepublik kenne.

  • Und schließlich war da die Wahlniederlage 1999 im Wahlkreis Kaulsdorf/Mahlsdorf. Zwar konnte ich als Wahlkampfleiter bei der letzten Abgeordnetenhauswahl das insgesamt beste Ergebnis, das die PDS je erzielt hatte verbuchen - aber den Wahlkreis, den die PDS immer nur knapp nicht gewonnen hatte, konnten wir auch 1999 nicht für uns gewinnen.

Und so habe ich in meinem Wahlkreis und in Mahlsdorf und Kaulsdorf erklärt: Ich kandidiere nicht mehr in meinem sicheren Wahlkreis; ich bin aber keinesfalls politikmüde. Deshalb werde ich gegen Mario Czaja (CDU) kandidieren - vorausgesetzt, Gregor kandidiert dort nicht.

Also: Auf der einen Seite waren da meine überlegungen und Zweifel, noch einmal zu kandidieren, auf der anderen Seite die Herausforderung, diesen Siedlungswahlkreis endlich für die PDS zu gewinnen. Und dazu kommen viele Partner im Kulturbereich, deren Vertrauen ich gewonnen habe und neue Chancen mit der Abwahl der großen Koalition. Inzwischen bin ich von Leuten aus dem Ballett und dem Orchester der Komischen Oper, aus dem Künstlerhaus Bethanien in Kreuzberg, aus der Literaturwerkstatt Pankow, von Personalräten, von der IG Medien (jetzt Ver.di), vom Orchestervorstand der Staatskapelle, von Opernintendanten und sogar vom jetzigen Chef der Senatskanzlei, der vorher Verwaltungsdirektor der Volksbühne und dann der Deutschen Oper in der Bismarckstraße war dringend ermuntert, ja aufgefordert worden wieder zu kandidieren. Auch in meinem Wahlkreis haben sich entsprechende Stimmen gemehrt.

Jetzt haben wir ein Wahlprogramm, in dem nach der Präambel und "Kassensturz - der Filz muss weg!" auf Platz drei Bildung, Wissenschaft und Kultur stehen. Und ich habe in meinem Kopf kulturpolitische Projekte, die ich mir durch die von Landowsky und der CDU verzapften Krise nicht kaputt machen lassen will. über eins hat das "Neue Deutschland" am Mittwoch berichtet. Deshalb habe ich mich an meinen zweiten Halbsatz gehalten: Ich bin nicht politikmüde, ich kandidiere wieder.

Aber viele haben nur meinen ersten Halbsatz - das ich in meinem Wahlkreis nicht wieder kandidieren will - verstanden, und weil Thomas Flierl nicht nur eine gute Alternative zu mir, sondern - so wie es in seinem Brief an die Basisorganisationen steht - von mir als der beste Kandidat für meinen Wahlkreis, den ich mir wünschen kann, vorgeschlagen wird - und weil ich trotzdem erklärt habe, wieder antreten zu wollen, kam es zu einigen Missverständnissen.

Zu diesen Missverständnissen gehört auch, dass ich dem Vorschlag, gegen Wolfgang Brauer zu kandidieren, nicht widersprochen habe. Dabei wäre es wirklich nur um den besseren Kandidaten für Kulturpolitik gegangen, denn Wolfgang und ich haben in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeneinander und nicht konkurrierend Kulturpolitik gemacht, sondern miteinander!

Und ich bleibe auch dabei, dass Thomas Flierl, mit dem ich freundschaftlich verbunden bin, der beste Kandidat für meinen Wahlkreis ist. Er ist ein programmatisch und strategisch denkender Politiker, der sich mit seinen linken Positionen in der Vergangenheit auf den Gebieten Stadtentwicklung und Kultur über die Grenzen Berlins hinaus einen anerkannten Namen gemacht hat.

Und wie gesagt, ich bin nicht politikmüde: Jetzt werde ich erst einmal Wahlkampfkoordinator für Gregors Wahlkreis, das gibt Arbeit. Das müssen wir schaffen. Und darum lasst uns gemeinsam kämpfen.

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